Lediglich 0,446 Sekunden fehlten Marc Marquez am Sonntag in Le Mans, um endlich seinen ersten MotoGP-Sieg seit Oktober 2021 einzufahren. Eine mehr als beachtliche Leistung von Startplatz 13, von dem er schon einen Tag zuvor im Sprint als Zweiter noch auf das Podium gerast war. Und auch im Frankreich Grand Prix legte er wieder eine bärenstarke Aufholjagd hin, doch zum ganz großen Wurf reichte es letztlich nicht mehr. Erst in der letzten Runde fand der Gresini-Pilot noch einen Weg an Francesco Bagnaia vorbei, Rennsieger Jorge Martin war dann aber schon zu weit für eine letzte Attacke enteilt. Somit muss Marquez weiter auf seinen ersten Ducati-Sieg warten - und der Grund dafür heißt wohl Fabio Di Giannantonio.

Bis zur 17. von 27 Runden lief für Marquez in Le Mans nämlich alles nach Plan. Dass der Raketenstart des Vortages nur schwer zu wiederholen sein würde, ahnte der Gresini-Pilot ohnehin schon am Samstag. Stattdessen schnappte er sich seine Konkurrenten im Hauptrennen diesmal Stück für Stück: Zunächst Enea Bastianini in Runde 3, den gestürzten Pedro Acosta in Runde 4, dann Aleix Espargaro in Runde 11 und schließlich Maverick Vinales in Runde 14. "Ich blieb ruhig und wusste, dass es ein langes Rennen werden würde. In meinem Kopf hatte ich die Top fünf als Ziel", beschreibt der MotoGP-Superstar seine Herangehensweise.

Marc Marquez sauer: Sehr komischer Zweikampf mit Di Giannantonio

Auf Platz vier angekommen erkannte er jedoch, dass an diesem Tag auch mehr als nur ein weiteres Podium möglich sein könnte. Nach dem Überholmanöver gegen Vinales fehlten nur 2,190 Sekunden zum Führenden Bagnaia bei noch 13 ausstehenden Runden. Schnell verkleinerte Marquez seinen Rückstand um fast fünf Zehntel, lief dann in besagter 17. Runde allerdings auf den Drittplatzierten Fabio Di Giannantonio auf. Marquez bremste sich in der Anfahrt zur Dunlop-Schikane innen neben den VR46-Piloten, doch dieser gab nicht nach und hielt auf der Außenbahn gegen. Beim Umlegen für die folgende Rechtskurve war Di Giannantonio wieder innen, allerdings nicht ganz in Front. Es kam zur leichten Berührung, Marquez ging weit und verlor an Momentum. Der Überholversuch war gescheitert.

"Da habe ich in einem merkwürdigen Zweikampf viel Zeit verloren", meinte der achtfache Champion nach Rennende angefressen und erklärte: "Du musst manchmal auch verstehen, in welcher Phase des Rennens du dich befindest. Wenn dich ein Fahrer von hinten attackiert, kannst du dabei keine zwei Sekunden verlieren. Wir haben durch den Kontakt in der Schikane 1,5 Sekunden verloren, obwohl ich die Position eigentlich schon innehatte." Ganz so schlimm war der Zeitverlust zwar nicht, Marquez verlor zwischen Runde 17 und 18 nur knapp 0,8 Sekunden auf das Führungsduo. Der Punkt des Spaniers wird aber deutlich: Während Di Giannantonio nur eine Runde später sowieso kleinbei geben musste, hatte Marquez nun 2,6 statt 1,8 Sekunden auf Bagnaia und Martin aufzuholen - möglicherweise der ein entscheidender Unterschied.

Marc Marquez konnte Jorge Martin nicht mehr vollständig einholen, Foto: LAT Images
Marc Marquez konnte Jorge Martin nicht mehr vollständig einholen, Foto: LAT Images

Marc Marquez: Zu erschöpft für finalen Angriff auf den MotoGP-Sieg

"Ohne diesen Zweikampf hätte ich bessere Chancen gehabt, ich hätte mehr Runden hinter ihnen Zeit gehabt", weiß der Gresini-Pilot. So aber hatte er nicht mehr genug Körner im Tank, um noch ernsthaft um den Sieg mitzureden. Er beschreibt: "Als ich sie eingeholt hatte, war ich komplett erschöpft. Ich hatte das gesamte Rennen über gepusht und keine Zeit, um mich auszuruhen. Ich wollte trotzdem attackieren, habe mich aber nicht mehr so wohl gefühlt auf dem Bike. Pecco hatte eine starke Beschleunigung, deshalb war es schwer, einen passenden Überholpunkt zu finden. Ich habe mir deshalb gesagt, dass ich warte und schaue, ob etwas passiert. Als Pecco Martin in der letzten Runde nicht attackiert hat, bin ich gut aus Kurve acht herausgekommen und habe mir dann gesagt: Jetzt probiere ich es. Und ich habe es tatsächlich geschafft, dass Motorrad rechtzeitig abzubremsen."

Der Lohn war Platz zwei, welchen der Spanier am Sonntagnachmittag als "mehr als genug" bezeichnete. Mit Blick auf Startplatz 13 gelang ihm in beiden Rennen Schadensbegrenzung, einzig WM-Rivale Martin sammelte in Frankreich mehr Punkte. Doch allzu oft sollte ein solch verpatztes Qualifying wohl nicht mehr vorkommen, will Marquez schon 2024 noch ein Wörtchen um den WM-Titel mitreden. Denn: "Platz 13 beeinträchtigt dein Rennen enorm. Diesmal konnte ich das Wochenende retten, aber nächstes Mal wird es vielleicht nicht mehr so einfach. Das geht nur ein bis zwei Mal pro Jahr gut."